Das Künstlerleben...An das Seitenende



...ist nicht immer ein Zuckerschlecken

Leider muss ich immer wieder feststellen, dass in weiten Teilen der Bevölkerung die Meinung vorherrscht, dass das Leben als Künstler ein einziges „Fest“ ist. Ich habe schon erlebt, dass sich junge Leute an der Kasse über die Höhe des Eintrittsgeldes – in einem konkreten Falle 8 € für eine 4-köpfige Profimusikergruppe – aufgeregt haben. Originalton: „Die wollen doch dass wir ihnen zuhören und da wollen die auch noch Geld dafür!“ Seit vielen Jahren beobachte ich mit großer Sorge, dass vieles was mit Kreativität zu tun hat, als privates „Hobby“ angesehen wird.

Ich bin der Meinung, dass ein Umdenken in unserer Gesellschaft dringend nötig ist, denn Kreativität ist die GRUNDLAGE für jede Art von Kunst. Kreativität ist Grundlage für jede Art von Forschergeist . Kreativität bedient sich all unserer Sinne – Augen, Ohren, Geschmack und Geist Kreativität, gelebt und erlebt, ist unser ureigenstes Therapiezentrum.

Wie stolz sind wir doch, dass wir noch immer als das Volk der Dichter und Denker gelten. Es gab Politiker, die Kultur und Kreativität für so wichtig erachteten, dass sie dies als Grundrecht im Grundgesetz verankerten! Kunst und Kreativität wurde auch immer wieder missbraucht. Diktatoren wussten schon immer was ein Volk braucht! Wissenschaftler und Ärzte stellten fest, dass gelebte Kreativität, wie Musik und Malerei die Intelligenz fördert. Dass psychische Erkrankungen mit Kreativität therapiert werden können.

Umso weniger ist es zu begreifen, dass genau diese Förderung in den Schulen immer mehr gestrichen wird. Umso weniger ist es zu begreifen, dass die Politik diesem Thema so wenig Raum gibt.

Von einem befreundeten Schauspieler erhielt ich nachfolgende Mail. Vielleicht ein kleiner Denkanstoß und ich kann ihnen versichern, das ist kein Einzelfall!

*Hallo Monika,* es ist komisch das zu schreiben und es fällt mir schwer, aber es geht nicht anders. Ich muss die Vorstellung in der Kulturwerkstatt absagen. In den 30 Jahren, die ich jetzt auf der Bühne stehe habe ich erst eine einzige Vorstellung abgesagt. Mir geht es gesundheitlich nicht so gut. Der Stress der letzten Jahre hat schon mehrfachen Tribut gefordert. Ich wurde in den letzten drei Jahren 3x operiert, war zigmal krank, hatte einen schweren Autounfall mit 3 Monaten Krankschreibung, hab mich mit Krücken auf die Bühne geschleppt und war wegen Burnout auf Kur. Dazu habe ich Probleme mit der Leber (obwohl ich nicht Trinke), in 2 Jahren 10 Kilo zugenommen und wahrscheinlich Gallensteine (obwohl ich mich gesund ernähre). Stress, Stress, Stress.

Jetzt stehe ich wieder kurz vor dem nächsten Burnout, das spüre ich, und ich muss die Reißleine ziehen, so schwer mir das fällt. Auch der Arzt rät mir das. Mein Beruf macht mir großen Spaß und ich bin gut darin. Leider hängt gerade bei meinen Solo-Stücken ein riesiger Rattenschwanz an jeder Vorstellung, Text wieder lernen, Wiederaufnahmeprobe, Presse, Werbung, Plakate/Flyer beschriften, Plakate/Flyer verteilen, Technik und Techniker organisieren und einweisen, Kommunikation mit den meist nervig/arroganten Veranstaltern (*von denen Du ausdrücklichst ausgenommen bist !!! Wären mehr wie Du, wer mein Job leichter)*, Werbematerial für die nächsten Sachen am Abend parat haben, Aufbauen, Spielen, Abbauen, Hinfahren, Bühne vorher anschauen usw usw usw. Von der Entwicklung des Stücks will ich gar nicht reden (Plakat, Fotos, Texte, Bühnenbild, Kostüm, Proberaum, Lernen, Proben ...), das kann sich kaum einer vorstellen. Und dann wird man oft noch wegen Kinkerlitzchen von jemandem gestresst, hat Ärger mit Verlagen und darf sich irgendwelche 'gutgemeinten Ratschläge' von Pseudo-Experten aus dem Publikum anhören (' Der so und so macht des immer so, des könnten sie ja au amol mache...').

Das alles würde ich noch irgendwie verkraften. Es macht ja auf der anderen Seite sehr viel Freude zu spielen und ich habe ja auch etwas 'zu sagen'. Was mich aber über die Jahre nun endgültig mürbe gemacht hat, ist die ständige Unsicherheit, wie viel ich denn mit dem Abend dann einnehme und ob sich das rechnet. Das weiß ich meist dann um 20 Uhr, also wenn ich auf die Bühne gehe. Blöder Zeitpunkt für eine Finanzkalkulation. Und das geht nicht mehr. Es frisst einfach zu viel Energie. Daher sage ich alle weiteren Vorstellungen von '…….' schweren Herzens ab und konzentriere mich vorerst auf meine anleitende Arbeit und die Coachings.

Also, sorry, gerade um den schönen Termin tut es mir leid, und ich weiß, dass es für dich auch blöd ist, aber ich muss diesen Schritt gehen, für mich und meine Familie. Ich hoffe du hast Verständnis. Ich werde jetzt mal ein Jahr kürzer treten und dann mal schauen, wie es weitergeht.    

 

Kultur...?

Monika Bestle